Eddie: The Sleepwalking Cannibal (DK/CAN 2011)

eddiesleepwalkingcannibalKunst ist mörderisch. Oder ist es eher die Inspiration? An der Schwelle zwischen Genie und Wahnsinn spielt das wohl eine lediglich untergeordnete Rolle. Vor allem dann, wenn die Besessenheit die Oberhand ergriffen hat und das Handeln über moralische Grenzen hinweg bestimmt. So wie beim dänischen Maler Lars Olafsen (Thure Lindhardt, „Tage des Zorns“). Vor Jahren ein gefeierter Shooting-Star der Szene, fiel er plötzlich in ein tiefes Schaffensloch. Die Leinwände blieben weiß, das Werk des aufstrebenden Künstlers in den Augen der Fachwelt unvollendet. Ändern soll sich das erst, als Lars einen Lehrerposten an einer provinziellen Kunstschule in Kanada antritt.

Blutbesudelt ist bereits der Weg dorthin. Um einen ihm vor den Kühler gelaufenen Hirsch zu erlösen, schlägt er dem Tier mit einem Stein den Schädel ein. Sehr zum Unwill von Polizist Verner (Paul Braunstein, „The Thing“). Aber morbide Skurrilität zieht sich durch „Eddie: The Sleepwalking Cannibal“ wie ein roter Faden. Der Titel mag in Richtung Trash deuten, aber Boris Rodriguez` Groteske bleibt eher dem Independent-Kino zugewandt. Mit erzählerischen Konventionen oder weitschweifiger Charakterzeichnung hält sich der Filmemacher nicht auf. Sein recht knapp gehaltenes (Anti-)Moralstück bedient sich satirischer Untertöne und taucht an der Schnittstelle von Komödie, Drama und Horror augenzwinkernd in menschliche Abgründe hinab.

Am neuen Arbeitsplatz lernt Lars nicht nur die hübsche Kollegin Lesley (Georgina Reilly, „Pontypool“) kennen, der das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten als Bildhauerin fehlt, sondern auch Außenseiter Eddie (Dylan Smith; „Total Recall“), der seit einem traumatischem Kindheitserlebnis stumm ist. Um die Akzeptanz in der Kommune zu steigern, nimmt Lars Eddie bei sich auf – und muss bald feststellen, dass der großgewachsene Sonderling schlafwandelnd Kleintiere reißt. Erst ist es ein Kaninchen, danach der ewig kläffende Hund des Nachbarn. Lars erkennt, dass der Anblick von Blut und Eingeweiden seine Inspiration ankurbelt. Er beginnt wieder zu malen, was nicht nur den Schulleiter erfreut, der sich positive Publicity erhofft, sondern auch Kunsthändler Ronny (Stephen McHattie, „Watchmen“).

Mehr Bilder erfordern aber mehr Tod und da ein plötzlich in Stücke gerissener Mensch mehr als nur Appetithappen der Inspiration ist, muss Eddie bald kontrolliert auf unliebsame Zeitgenossen losgelassen werden. Aber der fühlt sich bei Lars geborgen, was seine unbewusste nächtlichen Triebe bald zum erlahmen bringt. Was folgt ist in Herleitung und Auflösung wenig überraschend, bietet dank ausgeprägter Ambivalenz und feinem Humor aber morbide Unterhaltung mit einer Prise Anspruch. Auch die guten Darsteller sowie die fiese Schlusspointe tragen zum positiven Gesamtbild dieser hübsch eigenwilligen kanadisch-dänischen Koproduktion bei. Es muss ja nicht immer ein Meisterwerk sein.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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