Dracula (GB 1958)

dracula-1958Einen ihrer größten Erfolge feierten die britischen Hammer-Studios mit der Neuverfilmung von Bram Stokers „Dracula“. Diese verzichtete weitgehend auf den romantischen Unterton der klassischen Vampir-Darstellung Bela Lugosis und bediente sich stattdessen der Bedrohlichkeit von Murnaus „Nosferatu“. Wenn der fast zwei Meter messende Christopher Lee („Schlag zwölf in London“), der als wortkarger Blutsaugerfürst seinen Durchbruch feierte, auch weniger animalische Züge trägt als der anno 1922 mit Nagerfängen versehene Max Schreck.

Der von Jimmy Sangster („Frankensteins Fluch“) geschriebene und von Terence Fisher („Der Hund von Baskerville“) schön schaurig inszenierte Grusel-Hit fasst Stokers halbdokumentarische Vorlage eher flüchtig und mit zahlreichen Freiheiten zusammen. Das zeigt sich bereits an der Figur des Jonathan Harker (etwas hüftsteif: John Van Eyssen, „Robin Hood, der rote Rächer“), den Dracula als Bibliothekar anheuert, der als Vampirjäger jedoch andere Pläne verfolgt. Zwar gelingt es ihm, eine Gespielin des Grafen in der Gruft des Schlosses zu pfählen, der vorzeitig erwachte Untote besiegelt aber seinerseits Harkers Schicksal.

Auftritt Dr. Van Helsing. Der, gespielt von Peter Cushing („Die Rache der Pharaonen“), sollte mit Kollege Christopher Lee zum Erfolgsgaranten des hammerschen Gothic-Horrors avancieren. Bevor es jedoch zur Konfrontation von Jäger und Gejagtem kommt – die Rollen wechseln im Verlauf des Konflikts wiederholt –, kann der Gelehrte in der deutschen Provinz (die hiesige Fassung verlegt das Geschehen ironischerweise nach England) jedoch nur noch den bedauernswerten Harker von seinem Schicksal erlösen. Zeit zur Trauer indes bleibt keine, stellt der rachsüchtige Dracula doch bereits Harkers Verlobter Lucy (Carol Marsh) nach.

Mit ihrem Bruder Arthur (Michael Gough, „Boys From Brazil“) plant Van Helsing den Gegenschlag, kann den Tod – und die vampirische Wiederauferstehung – der jungen Frau aber nicht verhindern. Einer weiteren Braut beraubt, bemächtigt sich der Graf mit List Arthurs Gemahlin Mina (Melissa Stribling). Der Kampf um ihr Leben gipfelt schließlich in eine Kutsch-Verfolgung und das packendende Duell zwischen den Widersachern. Die schockbetonten, dramaturgisch oft wenig ausgefeilten und doch auf kunstvolle Weise eigenwilligen Hammer-Versionen der schwarz-weißen Universal-Klassiker fesseln bis heute. Dank einer gesunden Naivität, wabernden Nebelschwaden und prächtigen Studiodekors wurde „Dracula“ selbst einer.

Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

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