Donnie Darko (USA 2001)

donnie-darko„Donnie Darko? What the hell kind of name is that? It’s like some sort of superhero or something.“ – Gretchen
„What makes you think I’m not?“ – Donnie Darko

Mit einiger Verspätung kam einer der eindrucksvollsten amerikanischen Independent-Filme der letzten Jahre doch noch zu Ehren einer deutschen Auswertung als Verleihpremiere. Die Rede ist von „Donnie Darko“, dem fulminanten Regiedebüt von Richard Kelly, der für seinen gerade einmal 4,5 Millionen Dollar teuren Geniestreich auch das Drehbuch schrieb. Einen nicht unerheblichen Part des Budgets stemmte Drew Barrymore („3 Engel für Charlie“) mit ihrer Produktionsfirma Flower Films. Doch trotz überwiegend guter Kritiken rund um den Globus wird Kellys Debüt wohl ein unterschätztes Kunstwerk bleiben. Denn für den Massengeschmack ist das durchdachte Kleinod einfach viel zu sperrig.

Der psychisch abseitige Sonderling und Schlafwandler Donnie Darko (Jake Gyllenhaal, „Moonlight Mile“) ist kaum als durchschnittlicher Teenager zu betrachten. Der intelligente und impulsive Teenager versteht sich meisterlich darauf, in seiner exzentrischen Art des kritischen Hinterfragens allerorts anzuecken. Eines Nachts jedoch taucht Frank (James Duval, „Nowhere“) in Donnies Leben auf, ein zweieinhalb Meter großes Kaninchen mit beunruhigendem Äußeren und noch weitaus beunruhigenderen Prophezeiungen. Der mysteriöse Besucher verkündet dem überraschten Jüngling nämlich nichts geringeres als den Untergang der Welt, der in exakt 28 Tagen, 6 Stunden, 42 Minuten und 12 Sekunden seinen Anfang nehmen soll.

Während Donnie die folgende Nacht wie in Trance auf dem Golfplatz der kleinen amerikanischen Gemeinde zubringt, kracht eine wie aus dem Nichts erschienene Flugzeugturbine durch das Dach des elterlichen Hauses  – direkt in sein Zimmer. Doch bildet dieser allerlei Fragen aufwerfende Umstand lediglich den Stein des Anstoßes in einer Kette absonderlicher Ereignisse. Neben kuriosen Attentaten auf die spießbürgerliche Gesellschaft der Erwachsenen und mysteriösen Begebenheiten im thematischen Spielraum von Wurmlöchern und Zeitreise drohen diese Donnies erste Liebe Gretchen (Jena Malone, „Lost Heaven“) zu verschlingen.

Die Grenzen zwischen Traum und Realität erschließen sich in Richard Kellys hintersinnigem Fantasy-Drama nur zögerlich. Gleiches gilt für die Hintergründe der faszinierenden Geschichte. Dabei kombiniert Kellys famoser Regierstling vortrefflich Coming-of-Age-Drama mit subtilem Mystery-Thriller und surrealistischen Auswucherungen des frühen David Lynch. Die brilliante Bildsprache und die exzellente Kamera garantieren über die gesamte Lauflänge des Filmes einen atmosphärisch-melancholischen Grundtenor. Der wird auch vom eindringlichen Soundtrack vortrefflich unterstrichen.

Als hervorstechendes Beispiel für die visuelle Schöpfungskraft soll an dieser Stelle die ausgezeichnete Kamerafahrt, einsetzend am Heck eines haltenden Schulbusses durch den Korridor der städtischen Schule dienlich sein. Aber all das wäre nichts ohne begeisternde Schauspieler, die vom aufstrebenden Jake Gyllenhaal angeführt werden. Ergänzt wird das Ensemble neben Produzentin Barrymore durch Mary McDonnell („Der mit dem Wolf tanzt“), Katharine Ross („Butch Cassidy and the Sundance Kid“), Patrick Swayze („Gefährliche Brandung“), Noah Wyle („Genug“) und Gyllenhaals Schwester Maggie („Secretary“).

Überraschend, subtil und intelligent besticht „Donnie Darko“ durch eine komplexe, dezent undurchsichtige Handlungsstruktur und drängt sich zum mehrmaligen Sehgenuss förmlich auf. Freunde gepflegten Anspruches jenseits des Mainstream sollten diese geistige Herausforderung jedoch dankend annehmen, bietet das rundum gelungene Drehbuch ausreichende Interpretationsansätze und Auslegungsmöglichkeiten. So wirft Richard Kelly einen unterschwellig-ironischen Blick hinter die von Doppelmoral geprägte Fassade amerikanischen Kleinbürgertums und paart diesen mit dem bizarren Selbstfindungstrip eines Außenseiters. Das ist originell, packend und poetisch – und definitiv einer der eindrucksvollsten Filme der letzten Jahre!

Wertung: 9 out of 10 stars (9 / 10)

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