Die Zeitmaschine (USA 1960)

die-zeitmaschineScience-Fiction ist die triviale Neugier auf übermorgen. In ihr finden sich Mutmaßungen und Prophezeiungen, die oft ein Spiegelbild der politischen Entwicklungen der Gegenwart ihrer Urheberschaft abbilden. George Pals („Atlantis, der verlorene Kontinent“) hinreißender Genreklassiker „Die Zeitmaschine“ entstand in der Ära von Kaltem Krieg und atomarem Wettrüsten. Die Furcht vor dem nuklearen Holocaust überkam die Völker und wurde, ähnlich dem Terrorismus heute, zum Damoklesschwert ihrer Alltagskultur. Es verwundert also wenig, dass der Zeitreisende in der nahen Zukunft des Produktionsjahres 1960 Zeuge des Niedergangs der Menschheit durch die von ihr selbst geschaffenen Vernichtungswaffen wird.

Zuvor aber geht es zurück ins Jahr 1899. Am Silvesterabend begibt sich der Wissenschaftler George (Rod Taylor, „Die Vögel“) auf eine Reise ins Ungewisse. Er hat eine Maschine konstruiert, mit der es ihm möglich ist in die vierte Dimension vorzudringen und sich beliebig in der Historie vor und zurück zu bewegen. Über einen Schalthebel gibt er Richtung und Geschwindigkeit vor, was die Welt im Zeitraffer an seinen Augen vorüberziehen lässt. Geschockt von zwei Weltkriegen und der totalen Vernichtung verschlägt es ihn in die trügerische Idylle des Jahres 802.701. Die scheinbar sorglosen Nachfahren der Menschheit, Eloi genannt, leben in den Tag hinein und scheinen die Grundregeln der Zivilisation verlernt zu haben.

Die Wahrheit erschließt sich George, als er die junge Weena (Yvette Mimieux, „Die Odyssee der Neptun“) vor dem Ertrinken rettet. Die jugendlichen Eloi stehen unter Einfluss der unterirdisch hausenden Morlocks, grünhäutigen Monstren mit glühenden Augen. Und denen sagt der britische Gentleman, als seine neue Bekanntschaft in die Festung der Kreaturen verschleppt wird, den Kampf an. Die hübsch altmodische Fantasterei trumpft mit sehenswerten Stop Motion- und Modell-Tricks auf, die der Academy seinerzeit einen Oscar wert waren. Allein die Georges Haus gegenüberliegende Boutique mit ihrer über Jahrzehnte die jeweilige Mode repräsentierenden Schaufensterpuppe zeugt von visionärer Naivität.

Die grandiose Umsetzung bewirkt, dass sich der Charme der famosen Verfilmung des gleichnamigen Romans von H.G. Wells auch nach fast einem halben Jahrhundert nicht abnutzt. Erzählerisch gibt sich der Film bedächtig. Alles beginnt mit einer Verabredung zum Essen kurz nach Beginn des 20. Jahrhunderts. George erscheint zu spät und sichtlich angeschlagen, worauf er der verblüfften Tischgemeinschaft von seinen Erlebnissen in der Zukunft berichtet. Nur sein treuer Freund Filby (Alan Young, „Die Katze aus dem Weltraum“) schenkt seinen Ausführungen glauben. Ein unverwüstlicher Klassiker, gegen den die 2002 aufpolierte Neufassung von Wells´ Urenkel Simon deutlich abstinkt.

Wertung: 8.5 out of 10 stars (8,5 / 10)

scroll to top