Death Proof – Todsicher (USA 2007)

death-proofQuentin Tarantino hat sich im Laufe seiner Karriere schon einige Titel erarbeitet. Vom Wunderkind bis zum Retter von Hollywood wurde der detailversessene Kindskopf unter den Regisseuren mit einer Vielzahl von Synonymen bedacht – die allermeisten davon schmeichelhaft. Jetzt verbeugt sich Tarantino einmal mehr tief – diesmal vor dem amerikanischen B-Movie der 60er und 70er, als Titten, Testosteron und Altmetall die Leinwände der Hinterhofkinos bevölkerten.

Drei Freundinnen machen sich auf, sich selbst und ihre eigene Großartigkeit zu feiern. Ohne Jungs soll es an den See und damit raus aus der Stadt gehen, doch vorher will noch so manches diskutiert und getrunken werden. So enden die Mädels schließlich in einer Bar – und treffen dort auf den vernarbten Stuntman Mike (Kurt Russell, „Die Klapperschlange“). Er trinkt mit ihnen, redet mit ihnen – doch dann gehen die Damen und der Haudegen getrennte Wege, zumindest vorerst. Denn Stuntman Mike ist nicht einfach nur der schrullige ältere Kerl, sondern ein kühl kalkulierender Killer. Mit seinem todessicherem Auto verfolgt er die drei Grazien – und tötet sie mit einem einzigen Frontalzusammenstoß. Szenenwechsel: Irgendwo in den Südstaaten findet Stuntman Mike seine nächsten potentiellen Opfer – doch diesmal hat er die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Die Mädels sind professionelle Stuntfahrer, und zeigen dem alten Mann jetzt, was eine Harke ist…

Die Story zu „Death Proof“ ist äußerst dünn – aber das war „Kill Bill“ auch. Allerdings krankt es bei Tarantinos neustem Werk an einigen anderen Ecken. Der zitatversessene Regisseur macht diesmal nicht halt vor fremden Werken – dass er damit virtuos umgehen kann, hat er mehr als einmal bewiesen –, sondern bedient sich mit beiden Händen am selbstgeschaffenen Fundus. Gesprächsszenen wie in „Reservoir Dogs“, „Twisted Nerve“-Klingeltöne, Red Apple-Zigaretten, Tracie Thoms als Abziehbildchen eines Samuel L. Jackson oder Michael Parks in der Wiederholung seiner Ranger-Rolle aus „From Dusk Till Dawn“ – es scheint fast so, als seien Tarantino die Ideen ausgegangen. Mal ganz davon abgesehen, dass es einem irgendwann ziemlich auf den Senkel geht. Nur der klassische Blick aus dem Kofferraum wird hier umgedeutet: Jetzt schaut die Kamera unter der Motorhaube hervor.

Auch die Dialoge, im Frühwerk des Regisseurs Herzstücke der Filme – siehe die legendäre Madonna-Debatte – kreisen diesmal nur um ein Thema: Sex. Die Mädels, inszeniert als ausgiebige Fußfetischbefriedigung, reden und reden und reden, ohne zum Punkt zu kommen. Das Schema ist immer gleich: Da ist dieser Typ, er will mich, ich will ihn, aber ich lass ihn nicht ran. Ein Schelm, wer daraus Rückschlüsse auf den Erfolg des Regisseurs (UND Drehbuchautors) vor seinem Erfolg beim anderen Geschlecht hatte. Überhaupt: Penetration wird hier anders zelebriert. Das ist den Blechkarossen vorbehalten. Polierte Schwänze auf Rädern rammen sich von vorne, von hinten, von der Seite. Homoerotisch ist das nicht angelegt, denn die Karren sind teils mit äußerst maskulinen Ikonen versehen (Totenschädel bei Stuntman Mike), teils von femininer Grazie gezeichnet (siehe Frauenautos).

Diese Verfolgungsjagden sind Herzstück von „Death Proof“. Da die Dialoge in den allermeisten Fällen von seltener Belanglosigkeit sind, zieht Tarantino hier alle Register seines Könnens. Hier ist es schnell, laut und heftig – ganz wie die Vorbilder aus den 70ern. Auch Kurt Russell zeigt mal wieder, was er kann. Er sieht in seinem anachronistischen Kostüm nicht nur herrlich aus, sondern verleiht seiner Rolle auch die notwendige Lässigkeit. Dafür beide Daumen hoch. Die Damen, untern anderem gespielt von Rose McGowan („Planet Terror“), Rosario Dawson („Clerks 2″), Mary Elizabeth Winstead („Stirb langsam 4.0″) oder die sich praktisch selbst spielende Stuntfrau Zoe Bell („Kill Bill“) – allerdings verkommen hier zur reinen Projektionsfläche für männliche Fantasien. Sie sind bessere Kleiderständer, die mit Cheerleaderkostümchen, Hotpants und engen Tops zwar äußerst heiß aussehen, zu mehr aber kaum taugen. Schade – The Bride hatte dereinst bewiesen, dass Tarantino auch anders könnte.

„Death Proof“ ist sicher kein schlechter Film, für Tarantinos Maßstab allerdings zu lahm. Möglicherweise hätte er im ursprünglich geplanten „Grindhouse“-Doublefeature eine größere Wirkung entfalten können, da der Doppelpack mit Robert Rodriguez „Planet Terror“ in den USA allerdings grandios floppte, kommen die Filmchen jetzt eben einzeln auf die Leinwände dieser Welt. Möglicherweise nicht die beste Entscheidung.

Wertung: 6.5 out of 10 stars (6,5 / 10)

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