Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders (D/F/E/USA 2006)

das-parfum-geschichte-eines-moerdersLange sträubte sich Patrick Süskind gegen eine Verfilmung seines Bestsellers „Das Parfum“. Erfolgsproduzent Bernd Eichinger gelang die Umstimmung des Schriftstellers, angeblich für ein stolzes Entgeld von 10 Millionen Euro. Als Regisseur griff Eichinger, der in der Vergangenheit bereits Umberto Ecos als unverfilmbar gegoltenes Schriftwerk „Der Name der Rose“ erfolgreich auf die Leinwand gebracht hatte, auf den international geschätzten Tom Tykwer („Lola rennt“) zurück. Entsprechend hoch kochten im Vorfeld die Erwartungen, nicht zuletzt angefacht durch die Mitwirkung der Hollywoodstars Dustin Hoffman („Rain Man“) und Alan Rickman („Sinn und Sinnlichkeit“).

Die Gretchenfrage eines literaturkundigen Publikums darf nicht dahingehend gestellt werden, wie dicht sich der Film an der Vorlage bewegt, sondern ob es Tykwer gelingt, die olfaktorischen Sinneswahrnehmungen in eine glaubhafte Bildsprache zu kleiden. Die Kinoadaption des Buches, welchem die detaillierte Umschreibung von Gerüchen innewohnt, führt das Paradoxon der Sinnestäuschung fort. Über die Visualisierung werden Erinnerungen an spezifische Duftnoten im Kopf des Zuschauers geweckt und abgerufen. Kameramann Frank Griebe („Herr Lehmann“) leistet dabei erstaunliches.

Die Geschichte eines Mörders, so der Untertitel des Films, ist die des Jean-Baptiste Grenouille. Für die Darstellung des verschwiegenen Soziopathen mit dem meisterlichen Riechkolben konnte der 25-jährige Theatermime Ben Whishaw („Enduring Love“) verpflichtet werden. Ein Glücksgriff, verleiht er dem gespaltenen Ästheten Grenouille doch eine Aura der Aufgewühltheit. Besessen von dem Gedanken, betörende Düfte festhalten zu können, erlernt er über Umwege das Handwerk des Parfümeurs und bringt seine Fertigkeiten im Laufe der Zeit zur Perfektion. Sein Meisterstück soll eine Essenz geradezu rauschhafter Wirkung sein, manipulativ und unterwerfend. Über die Beschaffung der Ingredienzien, die Körperdüfte junger Mädchen, wird er zum Serienmörder.

In opulenter Ausstattung und schmutzverkrusteter Authentizität lässt Tom Tykwer die Ära des 18. Jahrhunderts auferstehen. Dass er den schier stummen Grenouille nicht über die gesamte Laufzeit zum Mittelpunkt des Films machen kann, unterwirft das düstere Psychogramm den Regeln des Kinos. Otto Sander („Der Himmel über Berlin“) fungiert als Erzähler, Alan Rickman hält als wohlhabender Richis wortreich die schützende Hand über seine Tochter Laura (Rachel Hurd-Wood, „Peter Pan“). Gezwungenermaßen weicht der Film vom Buch ab, hinkt der Vorlage beizeiten deutlich hinterher. Dennoch bleibt „Das Parfum“ eine große Literaturverfilmung, weil nicht nur der Geist, sondern auch die Seele von Süskinds Werk erhalten bleiben. Bis zum orgiastischen Finale.

Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

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