Corpse Bride – Hochzeit mit einer Leiche (USA/GB 2005)

corpse-brideTim Burton („Beetlejuice“) ist ein Meister der morbiden Fantasie. Als Produzent ließ der ehemalige Illustrator in Disneys Diensten bereits 1993 die Puppen tanzen und verlieh dem Animationsfilm „Nightmare Before Christmas“ typische Elemente seines surrealistischen Oeuvres. Bei „Corpse Bride“, nach „Charlie und die Schokoladenfabrik“ bereits Burtons zweiter Film in diesem Jahr, teilt er sich den Regiestuhl mit Mike Johnson („The Devil Went Down To Georgia“) – und zelebriert zu den betörenden Klängen seines Hauskomponisten Danny Elfman („The Simpsons“) eine schön schaurige Liebesgeschichte.

Victor Van Dort ist ein blasser wie schüchterner junger Mann, der kurz vor der erzwungenen Hochzeit mit der ebenso fragilen Victoria steht. Mögliche Gefühle der angehenden Brautleute sind den Eltern – Victors durch Fischverkäufe zu Wohlstand gelangt, Victorias dem verarmten Adel zugehörig – egal, was zählt ist der gegenseitige Nutzen der Liaison. Doch finden die Eheleute in spe Gefallen aneinander, daran ändert auch Victors wiederholtes Scheitern bei der Probe des Hochzeitsgelöbnisses nichts. Beschämt flieht der Bräutigam in den nahen Wald, gewillt bis zum Morgen der Eheschließung vorbereitet zu sein.

Zur Probe steckt er den Ring auf einen Ast – und erschrickt zu Tode, als die Leiche der verstorbenen Emily seinen Liebesschwur erhört. Ein wenig verwest, eine Made in der Augenhöhle und Löcher in Wange und Rippenbereich, scheint die im Leben betrogene Emily kaum der ideale Bund für Victors Leben. Sie nimmt den Bräutigam mit in die Schattenwelt der Toten, überglücklich ihrem Fluch der gehörnten Verlobten entbunden zu sein. Doch möchte Victor das Reich der Verstorbenen schnellstmöglich wieder verlassen. Nicht zuletzt, da Victorias Eltern einer Ersatzheirat mit dem durchtriebenen Barkis zugestimmt haben.

Tim Burton und Mike Johnson füllen ihren 75-minütigen Puppentrickfilm bis zum Bersten mit zauberhaften Details und Ideen. Die klassische Stop-Motion-Technik – nicht umsonst ziert das Klavier im Hause von Victorias Eltern der Name Harryhausen – beherrscht, unterstützt von visuellem Support aus dem Computer, die Leinwand. Der Verzicht auf die Spielarten der Neuzeit unterstreicht nicht nur die Atmosphäre des viktorianischen England, sondern auch die Bestrebungen der Macher, fernab vom kunterbunten Disney-Kitsch eine geisterhafte Welt zu kreieren.

In dieser gibt es nicht nur abseitige Musical-Einlagen zu bestaunen, sondern auch einen körperlosen französischen Kneipier und einen skelettierten Hund. Mit kindlicher Freude werden diese Zutaten zu einer optisch faszinierenden, jedoch im Inhalt nur bedingt originellen Mixtur aus Grusel-Märchen und Bauernschwank verwoben. Die Handlung muss zugunsten der rauschhaften Bilder zurückstecken, was das faszinierend träumerische Schaulaufen der skurrilen Figuren aber kaum zu trüben vermag. Dafür stehen auch die Sprecher, die ihren modellierten Alter Egos charakterliche Tiefe einhauchen.

Gerade im Original wird der süffisante Dialogwitz von einer Riege namhafter Darsteller getragen. Johnny Depp („Edward mit den Scherenhänden“), Helena Bonham Carter („Planet der Affen“) und Emily Watson („Gosford Park“) leihen den Brautleuten verschiedener Konstellation die Stimmen, während Albert Finney („Big Fish“), Christopher Lee („Sleepy Hollow“) und Tracey Ullman („Schmalspurganoven“) weitere Rollen füllen. „Corpse Bride“ ist ein wohltuend eigensinniger Animationsfilm, ein Film von großen Kindern für große Kinder. Eben ein echter Tim Burton, wunderschön und bittersüß zugleich.

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

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