Control (GB/USA 2007)

control-2007Filmbiographien folgen einem Schema der Entmystifizierung, die den schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn (be-)greifbar machen wollen. Im Besonderen bei denjenigen Künstlern, die in jungen Jahren und durch eigenes Verschulden aus dem Leben schieden. In „Control“ ist es an Ian Curtis, Sänger der Post-Punk-/New Wave-Band Joy Division, nach den Regeln des Kinos portraitiert und analysiert zu werden. Der Ruhm währte dabei nur kurz. Am 18. Mai 1980 erhängte sich Curtis im Alter von 23 Jahren. Die Zerrissenheit seines Wesens lotet Hauptdarsteller Sam Riley („24 Hour Party People“) mit beeindruckender Intensität aus.

1975 heiratet er Jugendliebe Deborah (Samantha Morton, „Code 46“), vier Jahre später kommt Tochter Nathalie zur Welt. Curtis‘ Gattin, auf deren Buch „Touching From a Distance“ der Debütfilm des Musikregisseurs Anton Corbijn basiert, findet keinen echten Zugang zu ihm. Nicht über die Musik, nicht über ihr Zusammensein. Der Sänger bleibt verschlossen, in sich gekehrt. Corbijn, dessen Karriere als Fotograf von Joy Division in Gang kam, belässt seinen Film, wie übrigens auch alle Bandfotos, in Schwarz-Weiß. Für den Effekt seines Werkes eine nicht unerhebliche Abschottung vor den Konventionen des modernen Kinos.

Während die Ehe zerrüttet, steigt die Popularität von Joy Division. Der Song „Love Will Tear Us Apart“ soll die Eheprobleme reflektieren. Curtis geht Affären ein. Eine davon ist die Musikjournalistin Annik Honore, im Film nicht nur buchstäblich farblos gespielt von Alexandra Maria Lara („Der Untergang“). Wie die meisten am Rande dargestellten Personen ist auch sie nur Beiwerk. Das stört nicht weiter, nur verhält es sich mit den Bandkollegen genauso. Sie finden praktisch nicht statt, was den Genius der musikalischen Werkschöpfung allein auf den Frontmann verteilt. Natürlich gebührt der Film ihm. Sein Umfeld aber wird dabei weitgehend vernachlässigt.

Zerrieben wurde Curtis, neben der nervlichen Anspannung und den privaten Problemen, von epileptischen Anfällen, die ihn auch auf der Bühne immer wieder zu Boden rissen. Die Depression, obwohl allgegenwärtig, wird nicht vordergründig thematisiert, die streitbare Faszination für die Ästhetik des Faschismus gar ausgeblendet. „Control“ endet mit dem Traurigen, dem Bekannten und doch so Mitreißenden. Der Film hat seine Schwächen, jedoch überwiegen die Stärken. Ein faszinierendes, bisweilen aber zu sehr in der Bündelung überflüssigen Detailwissens schwelgendes Künstlerportrait.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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