Chucky´s Baby – Seed of Chucky (USA/GB/RO 2004)

seedofchucky„It looks like the kid fell off the ugly tree and hit every branch on the way down.” – Chucky

Als Destillat der Postmoderne hat sich Mörderpuppe Chucky längst vom klassischen B-Horror verabschiedet. Zynismus wich Selbstironie, formale Härte stilisierter Comic-Gewalt. Spätestens mit Teil vier der Reihe avancierte der todbringende Kunststoffknirps endgültig zur Parodie seiner selbst und etablierte mit Jennifer Tilly an seiner Seite gleich noch eine mordlüsterne Gefährtin im Spielzeugkörper. Was also läge da näher, als den heiligen Schoß der Familie mit teuflischem Zuwachs zu entweihen und puritanische Prüderie mit einer politisch völlig unkorrekten Mixtur aus Blut und Eingeweiden zu besudeln? Dachte sich auch Don Mancini – Urheber und Autor eines jeden Teils der Reihe – und stopfte seinen Einstand als Regisseur bis zum Bersten mit sarkastischem Witz und einer gehörigen Portion Trash-Appeal aus.

Am Ende von „Bride of Chucky“ gebar Puppe Tiffany am Grabe des Mörders Charles Lee Ray ein monströses Kind, den kleinen Glen. Doch ist der geschlechtslose Spross des serialen Mörderduos – im Original mit der Stimme von „Herr der Ringe“-Hobbit Billy Boyd gesegnet – sichtlich aus der Art geschlagen. Denn der friedliebende Glen kann keiner Fliege etwas zu Leide tun. Zeit seines Lebens befindet sich die Vollwaise in der marternden Gefangenschaft eines sadistischen Puppenspielers, der seinen „Star“ im Rahmen einer perfiden Freak-Show permanenter Demütigung aussetzt. Als Glen im Fernsehen einen Bericht über die Dreharbeiten zu einem Kinofilm über die Legende der Killerpuppen Chucky und Tiffany sieht, glaubt er seine Eltern endlich gefunden zu haben.

Nach gelungener Flucht macht sich der zartbesaitete Dummy unverzüglich auf nach Hollywood, wo er seine Erzeuger ins Leben zurückholt und damit ungewollt eine Kette blutiger Ereignisse in Gang setzt. Während nämlich Tiffany ihren Traum von einer Familie endlich erfüllt glaubt, übt sich Chucky – erneut gesprochen von Brad Dourif – weiterhin in der Auslöschung menschlichen Lebens. Um ihre plastilinen Hüllen ein für allemal verlassen zu können, wollen die Puppen ihre Seelen in die abgehalfterte Schauspielerin Jennifer Tilly und deren liebestollen Chauffeur transferieren, während der geschlechtlich unentschlossene Glen (or Glenda) nach einer Spermaspende Chuckys mit dem Körper von Tillys ungeborenem Kind vorlieb nehmen soll.

Nach sechsjähriger Leinwandabstinenz erschüttert Chucky nun das höchste soziale Gut und sorgt für familiäre Zwietracht par excellence. Das als Aufhänger fungierende Film-im-Film-Konzept ist dabei zwar weder neu noch originell, der Plot mit mehr losen Enden versehen als ein Teller Spaghetti, doch steht künstlerische Homogenität im Wirkungskreis von „Seed of Chucky“ wahrlich nicht zur Disposition. Denn der fünfte Aufguss des Themas bürgt trotz spürbarer Abnutzungserscheinungen für ein Feuerwerk derber Späße. Allerdings stößt Mancinis Skript an seine kreativen Grenzen, wenn Chucky am Steuer eines Autos den Flitzer von Britney Spears von der Fahrbahn drängt.

Blutige Intermezzi sind spärlicher gesät als im unmittelbaren Vorgänger, doch geizt „Seed of Chucky“ bei deren Umsetzung nicht mit morbidem Humor und expliziter Comicgewalt. Trash-Papst John Waters („Hairspray“, „Cecil B. DeMented”) bekommt seine Neugier als Klatschreporter Peter Peters mit Säure aus dem Gesicht gebrannt, die Innereien des sich selbst verkörpernden Rappers Redman („How High“) finden sich während eines Dinners plötzlich auf dem Fußboden wieder und „S Club 7“-Herzchen Hannah Spearritt ist gegen Ende nur noch Feuer und Flamme. Erfreulicherweise wird keiner der formelhaften Nebencharaktere als heroisches Flickwerk etabliert. Das lässt die ohnehin überschaubare Zahl der Akteure zwar rapide schrumpfen, ermöglicht im Gegenzug aber die volle Fokussierung auf das groteske Treiben der schrecklich netten Puppenfamilie.

Diesem Zweckrationalismus entsprechend läuft Jennifer Tilly („Bound“) in der wohl radikalsten Selbstdarstellung seit langem zu absoluter Höchstform auf. In ihrer Doppelfunktion als Tiffanys Stimmgabe und ihrer schonungslos selbstironischen Eigeninterpretation darf die dralle Aktrice in bester „Bridget Jones“-Manier mit überschüssigen Pfunden und ihrem Schicksal als verkanntes Schauspielgenie hadern. Für die prestigeträchtige Rolle der Maria Magdalena in Redmans geplantem Opus über die biblische Lichtgestalt (!) geht sie gar so weit, ihr Engagement mit Sex erzwingen zu wollen.

„Seed of Chucky“ will nicht mehr sein als ein herrlich-dreckiges B-Movie jenseits des guten Geschmacks. Regisseur Mancini bittet von „Psycho“ über „Shining“ bis „Matrix“ zum heiteren Zitateraten und punktet – wenn schon nicht jede Hommage glückt – durch seine temporeiche Inszenierung und die absurde Tonalität. Wie schon der Vorläufer hat auch Teil fünf der Serie kaum mehr etwas mit Horror im eigentlichen Sinne gemein – Spannung sucht man hier ebenso vergebens wie Atmosphäre oder Innovationen. Die Tricks sind gewohnt gut, obgleich die Bewegungsabläufe der ferngesteuerten Puppen statischer und weniger flüssig als zuletzt erscheinen. Und dürfte diese Art der Familienzusammenführung auch den Geschmack der wenigsten Zuschauer treffen, für Trash-Fans markiert „Seed of Chucky“ klar abgestecktes Pflichtprogramm.

Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

scroll to top