Chernobyl Diaries (USA 2012)

chernobyl-diariesDie Mockumentary-Gruselreihe „Paranormal Activity“ hat Oren Peli berühmt gemacht. Mit unverbrauchten Darstellern, überschaubaren Budgets und der Erwartung Mark und Bein erschütternder Schockmomente im Kontext nachvollziehbarer Alltäglichkeit lockte er das Publikum. Allerdings wirkt der ewige Blick durch die von Protagonisten geführte Handkamera mittlerweile arg ausgereizt. So müssen neue Ansätze her. „Rec3“ beispielsweise überwand den eingeschränkt reduzierten Inszenierungsstil nach standardisierter Einleitung mit größtmöglicher Konsequenz und kostete die dadurch gewonnene Freiheit voll aus.

In eine ähnliche Richtung strebt Peli als Produzent und Autor auch mit „Chernobyl Diaries“, in dem eine Urlaubergruppe in der verstrahlten Region um das Kraftwerk in Lebensgefahr gerät. Nur bleibt seine Abkehr vom angestammten Terrain zu halbherzig, was verwundert, da er mit den „Saw“-Machern bereits „Insidious“ auf den Weg brachte und zeigte, das mehr im Mystery-Thriller steckt, als verwackelte Schattenspiele in der Vorstadt. Die Figuren bleiben angemessen knapp umrandet, wenn Chris (Jesse McCartney) mit Freundin Natalie (Olivia Dudley) und Begleiterin Amanda (Devin Kelley) während einer ausgedehnten Europareise in die Ukraine aufbrechen, um Chris‘ in Kiew lebenden Bruder Paul (Jonathan Sadowski) zu besuchen.

Statt dem geplanten Weiterflug nach Moskau schlägt dieser vor, unter Führung des bulligen Ex-Soldaten Uri (Dimitri Diatchenko) in die nahe dem Unglücksreaktor in Tschernobyl gelegene und nach der Katastrophe eilig evakuierte Stadt Pripyat zu fahren. Zwar verweigern bewaffnete Soldaten die Zufahrt, doch verfügt der Fremdenführer über ausreichende Ortskenntnis, um die verstrahlte Geisterstadt über Schleichwege zu erreichen. Um Gesundheitsgefährdungen vorzubeugen, soll der illegale Aufenthalt nur wenige Stunden dauern. Als sie aber in der Dämmerung wieder aufbrechen wollen, müssen sie mit Schrecken feststellen, dass Uris Kleinbus in ihrer Abwesenheit sabotiert wurde.

Erst ist es ein Rudel bissiger Hunde, danach kannibalische Mutanten, die in der Dunkelheit lauern. Die Grundlage überzeugt und das Setting sorgt für wohliges Unbehagen. Doch obwohl die Kamera nicht in Händen der Figuren liegt, bleiben Peli und Regie-Neuling Bradley Parker (u.a. für die visuellen Effekte in „Let Me In“ verantwortlich) dem dokumentarischen Schein durch unbedingte Nähe zu den in Todesangst erstarrten Ausflüglern seltsam treu. Damit bleibt es bei Schocks, die über bemühtes „Buh!“-Rufen kaum hinausreichen. Auch wirkt der Ablauf zusehends vorhersehbar und das betont böse Finale eher kalkuliert denn nachhallend. Da hätte in strikterer Abkehr des ausgelatschten Camcorder-Horrors definitiv mehr draus werden können.

Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

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