Bad Lieutenant – Cop ohne Gewissen (USA 2009)

bad-lieutenant-2009„You think fish have dreams?“ – Auch existenzialistischen Fragen zugeneigt: Terence McDonagh

Zwei Szenen sind es, die bei „Bad Lieutenant – Cop ohne Gewissen“ im Gedächtnis bleiben. Die eine, in ihrer betonten Akzentuierung moralischer Degeneration unfreiwillig komisch, zeigt die von Nicolas Cage mit hochtrabendem Hang zum Overacting gespielte Hauptfigur im Altenstift. Um Aufklärung über den Verbleib eines Zeugen zu erhalten, schnürt er einer Heimbewohnerin die Sauerstoffzufuhr ab. In Bedrängnis bringt das die Pflegerin, die als Großmutter des Gesuchten über dessen Aufenthaltsort Bescheid weiß. Nachdem er die Informationen aus ihr herausgepresst hat, zieht er seinen dicken Revolver aus der Hose und holt zu einer morddrohenden Hasstirade gegen die verängstigten Frauen aus.

Mag die Absurdität auch kalkuliert sein, die Passage wirkt schlicht albern. Dahingehend funktioniert die zweite Sequenz besser, ist sie doch bereits als bloße Skurrilität angelegt. Der im Drogenrausch wie ein Wasserfall plappernde Cop verlangt nach einem Schusswechsel zwischen Gangstern fast hysterisch, dass auf eines der Opfer noch ein Schuss abgegeben werden solle. Dem verdutzen „Warum?“ erwidert er, die Seele des Erschossenen würde noch tanzen, was Regisseur Werner Herzog („Rescue Dawn“) mit einem fidel im Hintergrund kreisenden Breakdancer untermauert. Aber was bleibt sonst von diesem scheinbar kuriosen Film? Die Antwort ist simpel: Nahezu gar nichts.

Das große Problem ist Abel Ferraras „Bad Lieutenant“ von 1992, in dem Harvey Keitel mit selbstzerstörerischer Brillanz einen Polizisten im religiös symbolisierten Sumpf von Spiel- und Drogensucht mimte. Herzogs Film ist kein Remake. Setting, Figuren und Handlungsverlauf sind ungeachtet thematischer Gleichheit verschieden, der Tenor trotz seiner desillusionierten Auskleidung deutlich in Richtung einer schwarzen Komödie gebeugt. Unumgänglich erscheinen Vergleiche durch die Anlehnung an Ferraras kontroversen Krimi, die nicht allein im Titel offenkundig erscheint, dennoch. Und dahingehend kann die in New Orleans nach Hurrikan Katrina angesiedelte Charakterstudie dem Original nicht im Entferntesten das (Hoch-)Wasser reichen.

Die Prominenten Namen vor wie hinter der Kamera – als Produzent fungierte wie beim Original Edward R. Pressman („The Crow“) – täuschen nicht über das konstante Gefühl der Überflüssigkeit hinweg. Als schmutziger Cop Terence McDonagh liefert Cage zwar eine bemerkenswert übersteigerte Performance ab, sie allein genügt aber nicht als Mark eines relativ substanzlosen Werkes. Ein chronisches Rückenleiden brachte den gebeugt gehenden McDonagh auf Drogen, den episodischen Rest besorgen korrupte Kollegen (schwach: Val Kilmer), aufbrausende Buchmacher (stark: Brad Dourif) und eine Geliebte (spielte neben Cage auch in „Ghost Rider“: Eva Mendes), die sich als Hure verdingt.

Nicht nur die oberflächliche Liebesbeziehung, auch der Fall eines Massakers an einer Familie im Drogenghetto wirkt alibihaft. Die Konzentration auf die moralischen Fehltritte des „Bad Lieutenant“ mündet in eine episodenhafte Aufreihung von Verbrechen und Gesetzesbeugungen, mit denen McDonaghs Feinde zahlreicher werden und die Lebensgefahr steigt. Umso sonderbarer wirkt die Antiklimax. Die Probleme lösen sich von selbst, statt einer Kugel erwartet den Bullen im Drogenrausch eine Beförderung. Exzentrisch und sonderbar wirkt Herzogs Groteske, daneben aber vor allem angestrengt und nichtig. Cages mitunter furiose Ein-Mann-Show hat fraglos ihre Momente. Im Gegensatz zum Film sind die aber viel zu schnell vorbei.

Wertung: 4 out of 10 stars (4 / 10)

scroll to top