Atrocious (E/MEX 2010)

atrociousErfolg schafft Nachahmer. Das war so, das bleibt so. Einer der Trends im Horrorfilm ist das Found Footage-Schema, bei dem durch amateurhafte Handkameraaufnahmen Realitätsnähe suggeriert wird. Nach Klassikern wie „Cannibal Holocaust“ (1974) wurde das Sujet mit „Blair Witch Project“ (1999) salonfähig. Vermehrt eingesetzt wird das Stilmittel absoluter Subjektivität aber erst seit dem Erfolg von „Paranormal Activity“ und „Rec“ (beide 2007). Mit „Atrocious“ versucht sich ein weiterer Vertreter aus Spanien am Mockumentary-Grusel. Ein neuer Klassiker entsteht daraus nicht.

Der mexikanische Autor und Regisseur Fernando Barreda Luna folgt den Spuren klassischer Mystery-Thriller, wenn die Geschwister Cristian (Cristian Valencia) und July (Clara Moraleda) in einem Wald bei Sitges der urbanen Legende eines Geistes nachspüren. Während der Osterferien reist die Familie samt Hund in ein seit Jahren verwaistes Landhaus. Mit zwei Kameras wollen die Teenager der Legende von einem um 1940 verschwundenen Mädchen nachspüren, das jedem Verirrten den Weg weisen soll. Besondere Anziehungskraft wirkt vor allem das nahe gelegene Heckenlabyrinth aus, in dessen verwinkelten Tiefen sie nach Hinweisen auf den Wahrheitsgehalt der Geistergeschichte suchen.

Dass dort tatsächlich etwas Unheimliches lauert, verdeutlicht bereits der zu Beginn eingeblendete polizeiliche Warnhinweis. Denn natürlich wurde die Familie (buchstäblich in Teilen) tot aufgefunden und die Aufnahmen als Beweismittel sichergestellt. Der rund 70-minütige Zusammenschnitt soll das mysteriöse Schicksal der Urlauber als Dokument erfahrbar machen. Eine beständige Gruselatmosphäre will sich darüber aber nicht einstellen. Zu bekannt präsentiert sich das Gezeigte in seiner Verflechtung aus filmgeschichtlichen Zitaten, Vorahnungen und der schlussendlichen Eskalation.

Die Darstellung der Familie bleibt in ihrer Beiläufigkeit glaubhaft. Nur weiß das über sie kommende Grauen erst spät zu fesseln. Den Anfang macht das Verschwinden des Hundes, den Cristian und July tot im Labyrinth finden. Mit der nächtlichen Suche nach ihrem kleinen Bruder spitzt sich die Lage schließlich zu. Doch auch dies resultiert lediglich in schwere Atmung und hektische Kameraschwenks. Die Wahrheit erschließt sich im Finale, wenn Zeitsprünge, Polizeiaufnahmen und Nachrichtenmaterial die Abruptheit typischer Found Footage-Filme unterlaufen und ein dramaturgisch fast klassisch konstruiertes Ende begünstigen. Mehr als solides Nervenzerren bietet „Atrocious“ damit letztlich aber nicht.

Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

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