Assault on Wall Street (CAN 2013)

assaultonwallstreet„I’m still alive and free and I promise I will keep killing. They should all know that I am out there, a soldier of the people – and if the government, the prosecutors and the judges fail on their duty, I will not fail on mine.“ – Richter, Geschworener und Henker im Namen des Volkes: Jim

Wutbürger auf Rachefeldzug: In „Assault on Wall Street“ steht Uwe Boll dem kleinen Mann nicht nur bei, er drückt ihm auch ein ganzes Waffenarsenal in die Hand, um denen da oben mal zu zeigen, wo der Hammer hängt. Denn wer zahlt stets die Zeche, wenn sich Politik und Wirtschaft mal wieder durch Missmanagement hervortun? Richtig, wir, jene gesichtslose Masse zwischen Boheme und Prekariat, die doch eigentlich der bessere Fußball-Nationaltrainer ist und am Stammtisch darüber sinniert, dass da mal einer kommen und diesen Saustall so richtig ausmisten müsste. Dieser jemand ist Uwe Boll. Zumindest filmisch. Als Zielscheibe hat er sich die Wall Street ausgesucht, Zentrum der amerikanischen Finanzwirtschaft und Brutstätte für Zocker und rücksichtslose Spekulanten.

Hier wurde die Immobilienblase aufgepumpt, die Kleinanleger in großer Zahl um ihr Erspartes (nicht zu vergessen die eigenen vier Wände) und Banken rund um den Globus in Existenznot brachte. Durchexerziert wird das große Elend am Beispiel von Geldtransporteur Jim Baxford (Dominic Purcell, „Prison Break“). Auch der hat die sauer verdienten Ersparnisse in die Hände des falschen Brokers gegeben. In seinem Fall jedoch ist es doppelt bitter. Denn Ehefrau Rosie (Erin Karpluk, „Being Erica“) hat Krebs und die Rücklagen waren für die Begleichung der horrenden Behandlungskosten gedacht. So folgt über gut eine Stunde Niederschlag auf Niederschlag und neben dem Geld sind bald auch Job und Haus futsch. Von Rosie ganz zu schweigen, die lieber selbstbestimmt aus dem Leben scheidet, als ihrem Mann zur Last zu fallen.

Wohin also mit all der unbändigen Wut? Wenn das Rechtssystem die Geschädigten nicht schützt, muss das Gesetz eben in die eigenen Hände genommen werden! Dabei erweist sich als praktisch, dass Jim noch ein Schnellfeuergewehr aus der Zeit beim Militär im Schrank eingelagert hat, mit dem sich all das Bankergesindel gnadenlos wegputzen lässt. Das Niveau ist erkennbar das des Stammtisches. Allen voran, wenn Jim mit dem Kollegen Edward Furlong („Darfur“) sowie den Cop-Kumpels Michael Paré („Seed“) und Keith David („Riddick“) zum Mittagessen munter Phrasen drischt. Denn das wirkt wie die komprimierte Jahresausgabe polemischer Titelblätter der BILD-Zeitung. Die große Tragödie mit reinigendem Erlöserflair verkommt so streckenweise zur unfreiwilligen Farce.

Produzent, Regisseur und Co-Autor Boll, der sich abseits strunzdoofer Videospieladaptionen regelmäßig als notorisch niedergeschriebener Querkopf zwischen sozialem Zündstoff und klassischer Exploitation empfiehlt, unterfüttert sein Werk mit spürbarer Ambition. Jedoch lebt er lediglich jene Rachefantasien aus, die einen im Alltag fast automatisch überkommen, wenn sich andere über Regeln des sozialen Miteinanders hinwegsetzen. Wie oft wünscht man notorischen Dränglern auf der Autobahn insgeheim, dass ihre Spur in der nächsten Kurve von einem Baum gekreuzt wird? Dieser Baum wird dem Vergleich angemessen hölzern von Purcell verkörpert, dessen absehbarer Amoklauf als gerechter Kreuzzug mit final mahnender Superhelden-Kampfansage stattlich übertrieben gereicht wird.

Gemessen am mega-tragischen Vorlauf bleibt die quasi-kathartische Ermordung der Banker (u.a. John Heard, „Sharknado“), vor allem verglichen mit Bolls sarkastischem Amok-Thriller „Rampage“, aber überraschend gezügelt. Ein zweiter Travis Bickle geht an Jim Baxford trotzdem nicht verloren, dafür ist diese Wutbürgerfantasie einfach zu platt. Aber Bolls Inszenierung bleibt angenehm schroff und die Darsteller – in Nebenrollen treten Eric Roberts („The Expendables“), Michael Eklund („The Divide“) und Clint Howard („Halloween“) in Erscheinung – insgesamt redlich bemüht, gegen die Schwächen des Skripts anzuspielen. Gelungen ist das letztlich nicht, aber wenigstens bleibt Boll seiner Linie als unbeugsamer Trotzkopf treu. Im Guten wie im Schlechten.

Wertung: 4 out of 10 stars (4 / 10)

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