American Hustle (USA 2013)

american-hustleIn Hollywood ist David O. Russell ein Independent-Fels in der Mainstream-Brandung. Seit jeher widerstreben seine Werke den Standardformeln der Traumfabrik und stürzen die Protagonisten (meist) in satirisch angehauchten Problemkomplexen ins Chaos. Bereits früh konnte er für seine Filme Starbesetzungen gewinnen und drehte wiederholt mit Mark Wahlberg, den er in „Three Kings“, „I Heart Huckabees“ und „The Fighter“ besetzte. Auch Christian Bale, für „The Fighter“ mit dem Oscar als bester Nebendarsteller geehrt, sowie das „Silver Linings“-Traumpaar Bradley Cooper und Jennifer Lawrence (für ihre Rolle ebenfalls Oscar-prämiert) zählen mittlerweile zu seinem bevorzugten Darstellerzirkel.

Denn die drei Letztgenannten spielen auch in Russells 1978 angesiedelter Betrüger-Ballade „American Hustle“ tragende Rollen, was insbesondere Bale mit einer weiteren Glanzvorstellung dankt. Extreme ist man vom eingefleischten Method Actor gewohnt, die Verkörperung des speckigen Gauners Irving Rosenfeld, für die er sich rund 20 Kilo anfutterte, zählt aber unbestritten zu seinen bislang besten Darstellerleistungen. Der Auftakt zeigt ihn beim Ankleiden. Neben der stolzen Wampe fällt das lückenhafte Haupthaar ins Auge, das durch sorgfältiges Frisieren und ein Toupet aufwendig kaschiert wird. Ein gepflegtes Äußeres ist ihm wichtig. Denn als Trickbetrüger ist nichts entscheidender als ein seriöses auftreten.

Das braucht es, um Bürgermeister Carmine Polito (Jeremy Renner, „The Town“), einen Koffer mit Schmiergeld zu übergeben. Doch Russell erzählt die von ihm auch co-verfasste Geschichte nicht linear, sondern mit zahlreichen Zeitsprüngen und durch verschiedene Off-Kommentare unterstrichenen Perspektivwechseln. Das mag auf den ersten Blick unnötig verschachtelt wirken, steht aber vorrangig für die Kunstfertigkeit, mit der er neben den Figuren auch den Zuschauer um einen Überblick über das Geschehen ringen lässt. Denn nachdem Irving und seine Geliebte Sydney Prosser (zählte ebenfalls zum Cast von „The Fighter“: Amy Adams) in gebotener Ausführlichkeit vorgestellt wurden und als Kreditschwindler Kasse machen durften, werden sie vom ehrgeizigen FBI-Agenten Richi DiMaso (Cooper) hochgenommen.

Der zwingt sie durch die Aussicht auf strafmildernde Umstände zur Kooperation und gedenkt durch die Überführung namhafter Krimineller die eigene Karriere anzukurbeln. Da kommt Polito gerade recht, der das Glücksspiel in New Jersey legalisieren will, um Arbeitsplätze zu schaffen. Dafür braucht es Investoren, zur Not mit zweifelhaftem Hintergrund. Doch der Politiker allein genügt DiMaso nicht und so werden über einen fingierten Scheich Kontakte zu Mafioso Victor Tellegio (Robert De Niro, „Heat“) geknüpft. Aber der bleibt argwöhnisch. Als Irvings manische Frau Rosalyn (Lawrence) mit Tellegios Untergebenem Musane (Jack Huston, „Boardwalk Empire“) anbandelt und unbedacht über die Probleme ihres Mannes mit der Justiz plaudert, wird die Ermittlung zum Ritt auf der Rasierklinge.

Russells im Subtext ironisch gefärbtes Kriminalstück steht in der Tradition von Kinoklassikern wie „Der Clou“. Seine Würze erhält die komplexe Geschichte neben den durchweg starken Schauspielern – in Nebenrollen treten u.a. Louis C.K. („Blue Jasmine“) und Shea Whigham („Boardwalk Empire“) auf – durch das sehenswerte Zeitkolorit, das über stimmigen Ausstattungsaufwand Ausdruck erhält. Lohn der Mühe waren 10 Oscar-Nominierungen, darunter die fünf wichtigsten Kategorien. Nach drei Golden Globes (für den besten Film im Bereich Musical/Komödie sowie Amy Adams und Jennifer Lawrence) musste sich „American Hustle“ der starken Konkurrenz jedoch in sämtlichen Sparten geschlagen geben. Ein elegant gegen den Strich üblicher Hollywood-Unterhaltung gebürstetes Werk ist Russell dennoch ohne Wenn und Aber gelungen.

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

scroll to top