American Gangster (USA 2007)

american-gangsterRegisseure wie Martin Scorsese („Casino“) und Brian De Palma („Scarface“) veränderten das Genre des Gangsterfilms und verpflanzten es von den Hinterzimmern der klassischen Mafiosi mitten hinein in die bürgerliche Mitte. Die Entzauberung der Mythen schuf Raum für eine von klassischem Unterwelt-Ehrenkodex bereinigte Verbrechensökonomie nach kapitalistischer Bauweise. Zeuge dieses Wandels ist Autor Nicholas Pileggi, auf dessen Buch „Wise Guy“ Scorseses „Goodfellas“ basiert. Bei der Verfilmung der Karriere des legendären afroamerikanischen Drogenbarons Frank Lucas fungierte er als ausführender Produzent. Dem von Ridley Scott („Gladiator“) inszenierten Thriller-Drama ist dies deutlich anzumerken.

Im New York der ausgehenden sechziger Jahre steigt dieser Frank Lucas, gespielt vom wiederholt überragenden Denzel Washington („Inside Man“), zum gefürchteten Gangsterboss auf. Es ist eine beispiellose Erfolgsgeschichte, quasi die dunkle Seite des amerikanischen Traums. Der Titel „American Gangster“ zollt diesem kometenhaften Aufstieg jenseits staatlicher Rechtsprechung Tribut. Die Marktstrategie des ersten in traditionelles Mafiageschäft eindringenden Schwarzen ist so einfach wie genial: Mit Hilfe des korrupten Militärapparates importiert er unverschnittenes Heroin direkt aus Vietnam und bietet es unter eigenem Namen zu Niedrigpreisen an.

In der Öffentlichkeit erscheint er als unauffälliger Geschäftsmann und verschafft sich durch wohltätige Förderung der Gemeinden einen respektablen Ruf. Frank arbeitet fast ausschließlich mit Mitgliedern seiner Familie zusammen, nutzt die Bestechungsbereitschaft der Obrigkeit schamlos aus und greift, wann immer es notwendig erscheint, auf skrupellose Gewalt zurück. Er ist der Wolf im Schafspelz, dessen Werdegang Scott als Grundlage einer detaillierten Analyse politischer Ökonomien derjenigen schafft, die sich am Elend der Süchtigen bereichern. Sie haben die Gesetze des sich verändernden Marktes begriffen. Dass für den eigenen Profit Leben zerstört werden, interessiert sie nicht.

Als rechtschaffendes Yang des kriminellen Ying dient Russell Crowe („L.A. Confidential“), der Frank als Detective Richie Roberts schlussendlich zur Strecke bringt. Ihr Duell bleibt frei von konventionellem Augenfutter und Scott tut gut daran, die Hauptfiguren weit abseits jener Kinoklischees anzusiedeln, die die Siebziger mit ihren Blaxploitation-Ikonen und großkalibrige Ballermänner abfeuernden Großstadtbullen zuhauf etablierten. Doch bei aller nüchternen Distanz bleibt das bemerkenswerte Epos nicht frei von Mängeln. Viele Nebencharaktere bleiben vage, die Mitwirkung von Edelchargen wie Armand Assante („Mambo Kings“) oder Josh Brolin („No Country for Old Men“) ohne echten Zugewinn.

Zudem ist „American Gangster“ in seiner überlangen Erzählung die arg gedehnte Version oft gesehener Elemente. Dass sie hier einmal mehr der Realität anhaften, tröstet über die zeitweilig aufbrechende Langatmigkeit nur bedingt hinweg. Jedoch überwiegt das beeindruckende Element, das in seiner psychologischen Raffinesse glänzend herausgearbeitete Zeit- und Sittenbild. Obwohl Franks Taten über kurze Blicke auf seine Opfer ihren Schrecken erhalten, wird er nicht als das Böse stilisiert, mit dessen Inhaftierung die Welt bereinigt wäre. Am Ende, dem Anfang eines weiteren Jahrzehnts, hat das Verbrechen lediglich Antlitz und Mode gewechselt. Die Probleme aber sind die ewig gleichen.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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