Adaption (USA 2002)

adaptionDas Gespann Spike Jonze und Charlie Kaufman gilt seit ihrem grotesken Geniestreich „Being John Malkovich“ (1999) als die filmische Innovation Hollywoods. Die brillanten Drehbücher Kaufmans, der neben oben erwähntem Kinodebüt Jonzes auch die Filme „Human Nature“ und „Confessions of a Dangerous Mind“ skriptgemäß versorgte, gehen Hand in Hand mit der vollendeten Visualisierung des ehemaligen Musikfilmregisseures Jonze. Der hatte in der Vergangenheit mit solch hochtrabenden Künstlern wie Björk, Pavement, R.E.M., Daft Punk und den Beastie Boys zusammen gearbeitet und trat nebenbei auch als Darsteller („Three Kings“) und Produzent („Jackass“) in Erscheinung. „Adaption“ markiert die zweite gemeinsame Arbeit mit Kaufman bildet, wie im Grunde nicht anders zu erwarten war, das nächste vielschichtige Meisterwerk der hochgelobten narrativen Jongleure.

Dabei geht der Film auf den Oscar-gekrönten Regisseur und Produzenten Jonathan Demme („Das Schweigen der Lämmer“) zurück, der Kaufman die Umfunktionierung des Susan Orlean-Buches „The Orchid Thief“ in ein verfilmbares Drehbuch bereits kurz nach dem Kinoerfolg von „Being John Malkovich“ anbot. Doch schien die halbdokumentarische Vorlage ein kaum zu überwindendes Hindernis für die kreative Schaffenskraft Kaufmans darzustellen, so dass dieser schlicht seine höchst eigenen Schwierigkeiten bei der Adaption des literarischen Werkes mit den darin enthaltenen Erfahrungen der Autorin verwob. Das Resultat ist eine faszinierende Verknüpfung der geistigen Reise Kaufmans zum Ziel des fertigen Skripts mit derer der Literatin bei ihrer Schilderung des exzentrischen Orchideenzüchters John Laroche. Somit verfolgt der Zuschauer nicht einfach einen simpel aufgerollten Handlungsablauf, sondern vielmehr die ureigene Enstehungsgeschichte des adaptierten Drehbuches zu „The Orchid Thief“ aus Sicht Kaufmans.

Dieser, gespielt von Nicolas Cage („Im Körper des Feindes“), steckt also in arger Bedrängnis, weil es ihm schier unmöglich erscheint, der Vorlage der gefeierten Autorin Susan Orlean (Meryl Streep, „Marvins Töchter“) Leben einzuhauchen. Denn das zu adaptierende Buch befasst sich weniger mit einer nachvollziehbaren narrativen Erzählstruktur, als vielmehr mit den innigsten Wünschen und den im verborgen liegenden Leidenschaften der Verfasserin selbst. Hinzu gesellen sich die Schilderungen des Pflanzenexperten John Laroche (Chris Cooper, „American Beauty“) sowie grundlegende Informationen über Orchideen. Zu allem Überfluss nistet sich auch noch Charlies unbekümmerter Zwillingsbruder Donald (ebenfalls Cage) in dessen Haus ein, gewillt seiner Idee eines Thriller-Drehbuches Ausdruck zu verleihen. Blockiert wird ein Vorwärtsschreiten von Charlies Arbeit obendrein durch Selbstzweifel und die ihn plagende permanente Unzufriedenheit. Als dann auch noch Donalds eiligst heruntergeschriebenes Skript großen Anklang findet, gerät Charlies Leben endgültig aus dem Ruder.

Leichtfüßig und ohne je den Anschluß zu verlieren, erzählt Regisseur Spike Jonze seine oftmals arg verschachtelte Geschichte und krönt selbst den x-ten Rückblick im Rückblick noch mit fesselnder Ausdrucksstärke und vermittelter Wichtigkeit. Dabei mutet „Adaption“ der Parallelität der verschiedenen Handlungsstränge zum Trotze weniger als eine lose Collage an, als vielmehr wie eine optimale Verschmelzung der unterschiedlichen Geschehnisspielräume. Garniert mit subtilem Wortwitz und sanfter Melancholie, lebt der oftmals sehr intime Bilderreigen vor allem von den grandiosen darstellerischen Leistungen der Hauptakteure. Oscar-Preisträger Nicolas Cage verblüfft in der fast schizophren anmutenden Doppelrolle der Gebrüder Kaufman mit der besten Leistung seit „Leaving Las Vegas“ und wurde völlig zu Recht erneut für den prestigeträchtigen Goldjungen nominiert. Selbigen heimste in der Kategorie Bester Nebendarstellers zur überraschung vieler Chris Cooper ein, der zuvor wie auch Meryl Streep den Golden Globe in Empfang nehmen konnte.

Für erheiternde Cameos am Rande sorgen die „Being John Malkovich“-Aktivisten Catherine Keener, John Cusack und John Malkovich, wobei vor allem letzterer bereits in der Eröffnungssequenz am fingierten Set von Jonzes Spielfilmdebüt vor Selbstironie sprüht. Mit „Adaption“ ist dem genialischen Zweigestirn Jonze / Kaufman erneut ein kleines Meisterwerk gelungen, welches spielerisch die Balance zwischen Independent und Mainstream, zwischen Kopf und Bauch einhält. Dabei gestattet der große Schreiber Charlie Kaufman einen augenzwinkernden Blick in die zerklüfteten Weiten seines Geistes und erzählt darüber hinaus eine stets unterhaltsame Geschichte über Entfremdung und Sehnsucht, Selbstfindung und Lebensbewältigung. Auf dieser Ebene stellt „Adaption“ wohl eine in der Filmgeschichte einzigartigeUmsetzung eines Buches für die große Leinwand dar. Schade nur, dass gerade cineastische Perlen wie diese zu selten ein breites Publikum erreichen. Denn verdient hätte es dieser großartige Film allemal.

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

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