Abstürzende Brieftauben – Krieg & Spiele (1993, MCA Records)

brieftaubenkriegspieleMit ihrer letzten regulären Platte ließen die ABSTÜRZENDEN BRIEFTAUBEN die BRAVO-Ära und den Major-Kontrakt bei EMI hinter sich. „Krieg & Spiele“ bedeutete aber nicht die Rückbesinnung auf alte Stärken, schließlich waren die Hannoveraner ihrer Linie über die Jahre treu geblieben, sondern entsprach vielmehr dem Drang konsequenter Veränderung. Bereits die ´92er-Maxi „Eine Muh, eine Mäh, eine Tätärätätä“ hatte gesteigerte instrumentale Vielseitigkeit und eine deutliche Anlehnung an volksmusikalische Strukturen offenbart. Und die kosteten Konrad und Micro auf ihrem sechsten Studioalbum, nunmehr unterstützt durch MIMMIS-Drummer Oliver Rosthal, offener denn je aus.

Die Bläserfraktion der BUSTERS leistete bei verschiedenen Songs Beistand und bereicherte den Sound der BRIEFTAUBEN zusätzlich. In der Vergangenheit war das Duo musikalisch zwangsläufig an seine Grenzen gestoßen, die Ergänzung durch Bass und eine feste dritte Kraft schien daher unumgänglich. Doch nicht nur instrumental, auch textlich brachte „Krieg & Spiele“ einschneidende Neuerungen mit sich. Der Tenor wurde ernster, düsterer, was mehr oder weniger gelungene Schunkel-Hymnen wie „Pa-Pa-Paderborn“, die Konrad und Micro ein Gastspiel in Hape Kerkelings Kino-Komödie „Kein Pardon“ bescherte, oder die eher belanglosen Beiträge „Hippo“ und „Fett & hässlich“ zum Kontrastprogramm stempelte.

Mehrheitlich fördern die mitunter betont rockigen Songs betrübliche Themen zutage: Beim Opener „Zuviel ist nicht genug“ ist es die Spielsucht, in „Krieg in den Städten“ die deutliche Anprangerung militaristischer Gräuel. „Allein zuhaus“ schildert häuslichen Missbrauch, „2013 – Zurück in die Vergangenheit“ gar die Apokalypse. Selbst das mit deutschem Text versehene CHEAP TRICK-Cover „Surrender“, hier „Für immer“ genannt, zeugt, wie auch „Was ist los?“, vom oft melancholischen Charakter der Scheibe. Durch die nur noch partiell aufblitzende Unbeschwertheit seiner Kurzweil beraubt, gewannen die TAUBEN mit der Loslösung vom spaßorientierten Teenager-Rabatz deutlich an Qualität. Ins Schwarze trifft längst nicht jede Nummer. Für einige Überraschungen, nicht nur instrumentaler Natur, ist aber zweifelsfrei gesorgt.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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