A Most Wanted Man (D/GB/USA 2014)

a-most-wanted-manPrestigeträchtige Metropolen werden in Filmen häufig von ihrer strahlenden Seite gezeigt. Sehenswürdigkeiten hier, geordnetes Stadtbild dort. Sie appellieren an die Reiselust des Publikums und wecken Sehnsüchte nach der Erkundung fremder Orte. Die Kehrseite dieses unterschwellig touristischen Propagandismus sind Werke wie „A Most Wanted Man“. Der Polit-Thriller spielt in Hamburg, der zweitgrößten Stadt der Bundesrepublik und zugleich Heimat des größten deutschen Seehafens. Fotograf und Videoclip-Regisseur Anton Corbijn („Control“) rückt bei seinem dritten Spielfilm die weniger vorzeigbaren Ecken der Hansestadt sehenswert in den Mittelpunkt. Touristenströme dürften sich davon nicht locken lassen.

In der Planungsphase wohl aber Hollywood-Stars. Solche wie Oscar-Preisträger Philip Seymour Hoffman („Capote“), der im vergangenen Jahr, kurz nach der Premiere des Films, an einer Überdosis Drogen starb. Seine letzte Hauptrolle ist die des BND-Spions Günther Bachmann, der als Leiter einer verdeckt operierenden Abteilung – als seine Unterstützer fungieren Nina Hoss („Barbara“), Daniel Brühl („Inside WikiLeaks“) und Kostja Ullmann („Rubinrot“) – versucht, Islamisten von kooperativer Informationsbeschaffung zu überzeugen. Dass Mohammed Atta, einer der Drahtzieher der Attentate vom 11. September 2001, in Hamburg lebte, sorgt für eine anhaltende Brisanz. Denn die internationalen Geheimdienste wollen eine ähnliche Katastrophe um jeden Preis verhindern.

Als der muslimische Tschetschene Issa Karpov (Grigoriy Dobrygin, „Schwarzer Blitz“) illegal nach Hamburg reist, erregt er die Aufmerksamkeit verschiedener Staatsorgane. Während Bachmann ihn beschatten lässt, drängt der Verfassungsschutz in Person von Dieter Mohr (Rainer Bock, „Stereo“) auf seine Verhaftung. Weil Bachmann aber herausfindet, dass Karpov über Banker Tommy Brue (Willem Dafoe, „The Hunter“) an das kriminell angehäufte Vermögen seines Vaters herankommen will, verschafft ihm die CIA-Gesandte Martha Sullivan (Robin Wright, „House of Cards“) Zeit. So setzt er neben Brue auch die Karpov unterstützende Menschenrechtsanwältin Annabel Richter (Rachel McAdams, „Midnight in Paris“) unter Druck, um eine Verbindung zum muslimischen Gelehrten Dr. Faisal Abdullah (Homayoun Ershadi, „Zero Dark Thirty“) herzustellen, den er der finanziellen Unterstützung von Terroristen verdächtigt.

Die nach einem Roman von John le Carré entstandene und vom Autor auch produzierte Politverstrickung bleibt im besten Sinne altmodisch. Statt Action setzt Corbijn auf charakterliche Entwicklung und bringt die der komplexen Geschichte innewohnende Spannung eher subtil zur Geltung. Ob Karpov überhaupt schuldig ist, bleibt offen. Bereits daran lässt sich ermessen, dass der Kampf gegen den internationalen Terrorismus einer beständigen Grauzone entspricht. In dieser überzeugt Philip Seymour Hoffmann als getriebener Staatsschützer (im Original mit bemühtem Akzent). Nur muss der am unkonventionellen, Zuschauer und Bachmann so leer wie zornig zurücklassenden Ende einsehen, dass auch er lediglich eine Schachfigur im internationalen politischen Ränkespiel ist. Emotional mag „A Most Wanted Man“ oft kühl wirken. Gerade durch diese distanzierte und differenzierte Betrachtungsweise trifft Corbijn aber den Ton anderer bestechender John le Carré-Adaptionen, allen voran „Der ewige Gärtner“ und „Dame, König, As, Spion“.

Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

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