29.04.2016 – Groezrock 2016 u.a. mit Rancid / No Fun At All – Belgien, Meerhout (Tag 1)

groezrock-2016Die Jubiläumsausgabe des Groezrock begann mit Enttäuschungen. Da war zunächst das vergleichsweise maue Line-Up, das wenige echte Hochkaräter und viele alte Bekannte aufbot. FACE TO FACE, NO FUN AT ALL oder TERROR etwa zählten in den vergangenen Jahren wiederholt zum Aufgebot. Von gesteigerter Abwechslung kündet das nicht. Zudem wurde die Zahl der auftretenden Bands trotz vierter fester Bühne reduziert. Das äußerte sich vor allem darin, dass der Startschuss am Freitag erst am Nachmittag gegeben wurde.

Ein weiterer entscheidender Faktor war das Wetter. Statt strahlendem Sonnenschein erwartete die Besucher Regen und Kälte. Dass sich die Wiesen des Festivalgeländes recht zügig in matschige Äcker verwandelten, überraschte wohl niemanden. An manchen Stellen ließ (einmal mehr) auch die Organisation zu wünschen übrig. An den wenigen Verkaufsstellen für Wertmarken bildeten sich in Stoßzeiten immens lange Schlangen und dass die Einlassbändchen (zumindest für Gäste) erst ab 15 Uhr ausgegeben wurden – also 45 Minuten vor Beginn der ersten Show –, sorgte bei nicht wenigen der im Regen aufgereihten Wartenden für erhöhten Unmut. Aber solche Stolpersteine gehören zum Festival-Erlebnis dazu. Und auch wenn das Groezrock bei seiner 25. Ausgabe glanzvoller hätte ausfallen dürfen, wurde es ein wiederum lohnenswerter Konzertmarathon.

Der begann im Pressebereich mit einer exklusiven Akustik-Show von LESS THAN JAKE. Anlässlich der Veröffentlichung ihrer jüngsten Platte „Live From Astoria“ saßen die beiden Frontmänner Chris und Roger in lauschiger Atmosphäre vor rund 100 Zuschauern und gaben (wie sie mehrfach bekundeten ungeprobt) ein paar ihrer Hits (u.a. „Suburban Myth“ und „Help Save the Youth of America From Exploding“) zum Besten. Auf der Hauptbühne (dem Sponsor entsprechend wieder Monster Energy genannt) stimmten unterdessen THE AGGROLITES auf das Programm ein. Ihr entspannter Mix aus Rock und Reggae gefiel, wollte nur so gar nicht zum unbeständigen Wetter passen. Das hielt die Musik und Ausschweifung zugeneigten Besucher jedoch nicht davon ab, das Groezrock einmal mehr in eine stattliche Partyzone zu verwandeln. Selbst wenn die Stimmung bei den ersten Auftritten erfahrungsgemäß noch nicht wirklich überkocht.

Auf der zweitkleinsten Bühne (Back to Basic) gaben THE DIRTY NIL den Startschuss und präsentierten eine Mischung aus Punk, Rock und Alternative. Mit „You Can Be Pissed Off If You Want To“ gaben sie ein sympathisches Credo aus und bescherten dem überschaubaren Pulk eine gute Zeit. Mit FOUR YEAR STRONG spielte das erste größere Kaliber um kurz nach 17 Uhr auf der Hauptbühne. Die Pop-Punks aus Massachusetts boten eine energetische Performance mit ordentlichem Tempo und animierten die Zuschauer zu reichlich Bewegung. Der Sound war top, die dargebotenen Stücke (u.a. „What’s in the Box?“, „Find My Way Back“, „Stuck in the Middle“) meist ein gutes Stück härter als auf Platte. Auf der zweitgrößten Stage (Impericon) präsentierten BLESSTHEFALL parallel einen Mix aus Pop-Punk und Hardcore. Die Akustik ging in Ordnung, bei „Promised Ones“ wurde zum Circle Pit geladen. Wie auf Konserve wirkte das Gespann aus Phoenix aber insgesamt wenig begeisternd.

Anders die MUNCIE GIRLS aus dem britischen Exeter, die im benachbarten Back to Basics-Zelt anschließend sympathischen Female-Fronted-Punk mit überschaubaren Akkorden und reduziertem Tempo boten. Ein grundweg netter Auftritt, da gab es nichts zu meckern. Die altbewährte Ska-Core-Fraktion LESS THAN JAKE legte auf der Hauptbühne darauf einen gewohnt spaßigen Auftritt hin. Das Publikum ging gut mit und feierte Songs des Hitkalibers „Johnny Quest Thinks We’re Sellouts“, „Nervous in the Alley“, „All My Best Friends Are Metalheads“, „How’s My Driving, Doug Hastings?“, „Look What Happened“ oder „The Science of Selling Yourself Short“ ohne Wenn und Aber ab. Überraschend war es nicht, dafür überaus kurzweilig. Eine Spur grober ging es anschließend wieder auf der Back to Basics-Stage zu. Denn das russische Gespann SIBERIAN MEAT GRINDER warf furiosen 80’s-Thrash-Hardcore mit maskierten Frontmännern und viel Feuer im Arsch in die Waagschale. Geiler Scheiß und fraglos ein erstes Highlight des Wochenendes!

Dem folgte unter dem Monster Energy-Banner Frank Turner, der mit seinen SLEEPING SOULS großes Spektakel bei grandioser Freiluft-Akustik servierte. In Bandbegleitung eifert der allseits beliebte Brite auf sympathischen Wegen THE GASLIGHT ANTHEM nach und kleidete das Ganze einmal mehr in einen mitreißenden Rahmen, der die Zuschauer (u.a. bei „The Road“ und „Recovery“) zu regem Chorgesang anstiftete. Auf der kleinsten Bühne (Watch Out) traten zuvor TANGLED HORNS auf, langweilten jedoch mit austauschbarem Alternative-Rock. Für ein erwartbares Stimmungshoch sorgten auf den Back to Basics-Brettern TERROR, die den Pulk zu munteren Stage-Dive-Attacken anspornten und das überschaubare Zelt aus allen Nähten platzen ließen. Brecher wie „Stick Tight“ oder „You’re Caught“ verfehlten ihre Durchschlagskraft auch diesmal nicht, bei „Always the Hard Way“ nahm ein stattlicher Teil des Publikums die Bühne in Beschlag. Eine neuerlich starke Performance der US-Hardcore-Größe.

Auf der Hauptbühne sorgten HATEBREED (für uns mehr im Vorbeigehen) für soliden Krawall, denn die Band der Wahl war SAOSIN. Die Kalifornier hatten Frontmann Anthony Green und die Ankündigung eines neuen Albums im Gepäck, enttäuschten im Impericon-Zelt aber maßlos. Das Zuschaueraufkommen war so mittelmäßig wie der breiige Sound, der Mix aus Indie-Rock und Post-Hardcore (u.a. vertreten durch „I Can Tell There Was an Accident Here Earlier“ und „Seven Years“) resultierte zudem in erstaunlich wenig Stimmung. Anders YOUTH OF TODAY, die nebenan (Back to Basics) anschließend die Gründerzeit des Hardcores aufleben ließen. Neben Sänger Ray Cappo (SHELTER) war auch Walter Schreifels (GORILLA BISCUITS) mit von der Partie. Die Stimmung war prächtig, das Set brachte Klassiker wie „Make a Change“, „Expectations“ oder „Slow Down“ ein. Das Aufkommen der Bühnentaucher war neuerlich enorm, über willkommenes Nostalgiefutter reichte der von Cappos pastoralen Weltverbesserungsansagen begleitete Auftritt aber nicht durchweg hinaus.

Als Höhepunkt der Impericon-Stage wurden NO FUN AT ALL ins Rennen geschickt. Die bewährten Schweden-Punks erwiesen sich der Bürde als würdig und versprühten spürbare Lust auf ihren Einsatz. Der Andrang war überraschend gut, die Stimmung ausgelassen. Gespielt wurden nahezu ausschließlich Stücke ihrer ersten drei Langspieler (darunter „Suicide Machine“, „Beachparty“, „Perfection“, „In a Rhyme“, „Should Have Known“, „Out of Bounds“, „Happy For the First Time“, „Master Celebrator“), so dass ein Mangel an Publikumsgesängen wahrlich nicht zu beklagen war. Bei „Catch Me Running Round“ wurde einmal mehr zum Cirlce Pit gebeten, so dass der Auftritt keine Überraschungen bot – dafür aber umso mehr Vergnügen.

Zum Abschluss spielten RANCID im Hauptzelt ihren ’95er-Klassiker „…And Out Come the Wolves“, was insbesondere bei „Time Bomb“ und „Ruby Soho“ für massive Publikumschöre sorgte. Der Sound erwies sich als bombastisch, die Spielfreude von Lars Frederiksen und Mitstreitern rechtfertigte die Berufung zum Headliner. Co-Sänger Tim Armstrong wirkte mit Glatze und Rauschebart überraschend kauzig, die Leistung der Kalifornier blieb insgesamt so packend wie tadellos. So endete der Auftakt des Jubiläums-Groezrocks mit einem echten Kracher, dessen Best-of-Zugaben wir angesichts fortgeschrittener (alkoholbedingter) Ermüdungserscheinungen aber außer Acht ließen. Der zweite Tag versprach die größeren Highlights – und sollte tatsächlich über jede anfängliche Skepsis hinwegtrösten.

Fotos by: Ivo H.

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