26.10.2009 – Porcupine Tree / Rose Kemp – Berlin, Huxley’s

Die zwei Seiten des musikalischen Genius. PORCUPINE TREE sind zweifelsohne eine Institution, ein progressiver Ohrenschmaus, für den es Zeit braucht. Auch live. Dass das Konzert der Briten um Multitalent Steven Wilson im Berliner Huxleys 135 Minuten umspannte, kam daher keiner großen Überraschung gleich. Doch wurde vor dem Auftritt eine Durchsage eingeschoben, nach der jegliches Fotografieren verboten sei und Missachtung mit einem Verweis aus der Halle geahndet würde. Die Künstler wollten schließlich nicht gestört werden. Von ihren eigenen Fans – die 35 Euro Eintritt gelöhnt hatten.

Publikumsnähe sieht anders aus. Die geschätzten 1.000 Zuschauer, vorrangig jenseits der 30 und mit Kuttenträgern und Unternehmertypen bunt gemischt, schien diese Einschränkung jedoch nicht zu stören. Sie jubilierten. Nicht des Verbotes wegen, sondern ob der famosen Darbietung. Allerdings ließ die Band auch dort Eigensinnigkeit walten und gliederte den Auftritt in zwei Teile. Der erste galt dem neuen, unlängst erschienenen Album „The Incident“, dessen 14 Stücke (ohne die der Bonus-CD) komplett gespielt wurden. In Reihenfolge, hintereinander weg.

Im Vorprogramm tummelte sich zum Auftakt die englische Post-Rock-Queen Rose Kemp, die mit Begleitung an Bass und Schlagzeug schleppende Riffs und progressive Elemente verknotete. Der stilsichere Mix aus Classic-Rock und Doom überzeugte. Nur verblasste er in der spürbar gespannten Erwartung des Headliners. Der widmete sich erst im zweiten Part älteren Nummern. An der aufbrandenden Begeisterung ließ sich leicht ermessen, dass das Gros der Anwesenden wegen Songs wie diesen gekommen war. Manche Länge des Vorlaufs wurde somit leicht verziehen.

Das lag auch am brillanten Sound, bei dem nach allen Regeln der (auditiven) Kunst geklotzt wurde. Mit Stadion-Mischpult, Angeber-Schlagzeug und auf Leinwand geworfenen Installationen wurde ein Rahmen geschaffen, der bereits Eindruck machte noch bevor der erste Akkord gespielt wurde. Gerade die älteren Beiträge, „Russia on Ice“, „Lazarus“, „Strip the Soul“ oder die Zugaben „The Sound of Muzak“ und „Trains“ erstrahlten förmlich in Intensität und Leidenschaft. Manche der neuen Tracks lassen diese vermissen, so dass „The Incident“, Gesamtkonzept hin oder her, in ausgesuchten Einzelteilen mehr Wirkung erzielt hätte. Aber PORCUPINE TREE hatten an diesem Abend eben ihre zwei Seiten.

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