21.10.2009 – Cannibal Corpse / Dying Fetus / Evocation / Obscura – Berlin, Columbia Club

Mit Monotonie zu Weltruhm. CANNIBAL CORPSE sind eine Marke des Death-Metal, die für blutige Alptraumszenarien und musikalische Unerbittlichkeit steht. 1988 gegründet, erregten sie mit ihren Texten und Covermotiven Anstoß und wurden in verschiedenen Ländern zensiert, indiziert oder gleich verboten. Auch in Deutschland. Den Erfolg heizte die Skandalisierung von gezeichneten Massakern wie verstümmelten Babys und einem die eigenen Eingeweide fressenden Zombie nur mehr an. Trotz politischer Anfeindungen und Besetzungswechseln existiert die Band nun schon seit mehr als zwei Dekaden. Ein Ende der Erfolgsgeschichte ist nicht in Sicht.

Das zeigte auch ihr Auftritt im Berliner Columbia Club, der geschätzte 600 Hardgore-Fans zu Sprechchören und Haarkreiseln animierte. Mit im Gepäck, schließlich sollen die eingefleischten Metal-Heads, Kuttenträger und personifizierten Jeansjacken-Patchsammelsurien auf ihre (Eintritts-)Kosten kommen, hatten sie ein Vorprogramm zusammengetrommelt, das die Massen auch bei eigenen Headliner-Shows locker in Wallung versetzen sollte. Den Anfang machten OBSCURA aus Bayern, deren zweites (und über Relapse veröffentlichtes) Album „Cosmogenesis“ bei Zielpublikum und Kritikern großen Anklang fand.

Als Support von CANNIBAL CORPSE bereisten die Deutschen bereits die USA und Kanada. Das schafft Selbstvertrauen, wenngleich ihre Musik, technisch anspruchsvoller Melodic-Death-Metal mit progressiver Note, für sich spricht. An diesem Abend, wie übrigens auf der gesamten Tour, ersetzte Jacob Schmidt (DEFEATED SANITY) den verhinderten Bassisten Jeroen Paul Thesseling. Trotz starkem Set (u. a. „Anticosmic Overload“, „Centric Flow“) und großer instrumentaler Finesse wollte der Funke aber nicht vollends überspringen. Der Applaus war da, Haarprachten wurden auch geschüttelt. Aber die Stimmung entsprach dem durchwachsenen Sound. Der sympathischen Band wäre mehr Anklang zu gönnen gewesen.

Im Anschluss präsentierten die Schweden von EVOCATION nordischen Death-Metal mit hohem Brutalitätsfaktor und Hang zu melodischer Tiefe. Die Reaktionen im Pulk mehrten sich, die Atmosphäre schwoll an. Möglicherweise auch in Vorfreude auf die nachfolgenden DYING FETUS. Das dreiköpfige Death-Metal-/Grind-Gewitter hatte (hier zeigt sich die strukturelle Überlegenheit einer reduzierten Besetzung) die Akustik des Abends auf seiner Seite. Überraschend klar bollerten die groovigen Hasskappen der Amis durch den Raum. Begeisterung machte sich breit. Neben einigen alten Nummern wurde auch das Material der aktuellen Platte „Descend Into Depravity“ – neben dem Titeltrack wurden Songs wie „Conceived Into Enslavement“ gespielt – würdig abgefeiert.

Den Siedepunkt erreichte die Stimmung (natürlich) mit CANNIBAL CORPSE, die gut 80 Minuten durch alle Phasen ihres Schaffens pflügten. Front-Growler George „Corpsegrinder“ Fisher grunzte unverständliche Laute und bewies in den gut gelaunten Ansagen, dass er der verständlichen sprachlichen Artikulation durchaus fähig ist. Fähig sind zweifelsfrei auch seine instrumentalen Mitstreiter, die den entrückten Vocals einen teils überraschend komplexen Rahmen mit Tempoverschiebungen und fein integrierten Dissonanzen bescheren. Mit Hits des Kalibers „I Cum Blood“, „Hammer Smashed Face“ oder dem Titeltrack ihres jüngsten Albums „Evisceration Plague“ waren ihre Jünger gut bedient. Die Band ist ein Klassiker, den es live zu erleben lohnt. Selbst wenn, wie böse Zungen behaupten, doch jeder Song nur klingt der vorangegangene.

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