20.11.2006 – Ramallah / Death Before Dishonor / The Setup – Berlin, Cassiopeia

Der Hardcore hat sich in den Untergrund zurückgezogen. Das Resümee von RAMALLAH-Frontmann Rob Lind fiel ernüchternd aus und ließ doch Wohlwollen erkennen. Er und seine Mannen konnten zufrieden sein. Die etwa 180 Zuschauer, die ins Berliner Cassiopeia gekommen waren, ebenso. Das wiederum lag weniger an der Performance des Headliners, sondern am ausgewogenen Gesamtpaket des Abends. Dessen stimmigen Auftakt besorgten THE SETUP aus Belgien, die mit ihrem modernen, nur dezent Metal-beeinflussten Hardcore zu überzeugen wussten. Zwar verhinderte der insgesamt durchwachsene Raumklang die Aufrichtung zur vollen Größe, doch sorgten die Songs des Debüts „The Pretense of Normality“ für gediegene Atmosphäre. Der Anfang 2007 erscheinende Nachfolger darf durchaus mit Spannung erwartet werden.

Was bei THE SETUP fehlte, war die Bewegung im Publikum. Ein erstes Zeichen setzten dahingehend DEATH BEFORE DISHONOR, die, eher der alten Schule des Ostküsten-Hardcores verpflichtet, zu erhobenen Fäusten und mitgegrölten Sangespassagen ermutigten. Der mittelprächtige Sound fiel bei den Bostonern kaum ins Gewicht, glänzen sie doch bereits auf Konserve nur bedingt durch anspruchsvolle Instrumentierung. Trotzdem verfügen Tracks wie „Friends, Family, Forever“ oder „Curl Up and Die“ über ausreichend hymnisches Potenzial, um auch in Live-Darbietung den speziellen Zauber aus den Boxen dröhnender Krachsalven zu erzeugen.

Als RAMALLAH die Bühne betraten, gab es für einige der Anwesenden kein Halten mehr. Körper wirbelten durch die Luft, wurden durch die Reihen gereicht und stürzten sich gleich nach dem nächsten Bodenkontakt wieder ins überschaubare Getümmel vor der Bühne. Mit Rob Linds urtümlicher Bandbeschäftigung BLOOD FOR BLOOD teilen RAMALLAH nur bedingte Gemeinsamkeiten. Letztgenannte bemühen sich um breitgefächerte Influenzen und greifen dabei sogar auf den Einsatz von Keyboardpassagen zurück. Größtes Problem ihres Gastspiels war neben der kurzen, knapp vierzigminütigen Spielzeit die schwache Akustik. Auf Platte sind Lind & Co. eine Klasse für sich. Live fehlte neben der Wucht vor allem die vokale Präsenz.

Trotzdem verfügte der Gig, mit Stücken des Schlages „Who Am I?”, „Kill a Celebrity“ oder „Days of Revenge“ qualitativ ausreichend ausgeschmückt, über enormen Unterhaltungswert. Das Publikum, dessen Brüderlichkeit in Sachen Unterstützung etwaiger Crowdsurfer-Ambitionen für derlei Konzertveranstaltungen nicht selbstverständlicher Natur ist, dankte es mit Freude an der Bewegung und standesgemäß vielkehliger Unterstützung prägnanter Sangespassagen. Ihre wahre Klasse blieben die Helden des White-Trash-Hardcore zwar schuldig, echte Enttäuschung stellte sich dennoch nicht ein. Das kompakte Komplettpaket des Abends präsentierte drei sehens- wie hörenswerte Bands und vollführte zudem einen gelungenen Querschnitt durch die Spielarten des Genres. Viel mehr als das war kaum zu erwarten.

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