06.04.2007 – Supersuckers / The Egyptian Gay Lovers – Berlin, Kato

„It’s easy to be good, but it’s a challenge to be awesome.”

Awesome – das Wort umschreibt den Abend mit den SUPERSUCKERS in Berlin recht treffend. Denn das US-Amerikanische Gespann um Sänger Eddie Spaghetti legte abermals eine Lehrstunde in Sachen Rock ´n Roll hin. Dazu in Coolness. Niemand bleibt gelassener als Eddie, wenn er fast 80 Minuten auf der Bühne steht. Nur echt mit Cowboyhut und Sonnenbrille. Über die volle Distanz geht die Hand weder zum Hut, noch zur Brille. Und das, obwohl die Luft im annähernd ausverkauften Kato vom gewohnt markigen Mix aus Gewächshausklima und Achselnässe geschwängert ist. So viel Standfestigkeit imponiert.

Das obige Zitat stammt natürlich aus seinem Munde. Die zumindest in der Spekulation von Hartalk geformte Stimme strömt in den Saal. Er preist die SUPERSUCKERS als beste Rock ´n Roll-Band der Welt an. Recht hat er. Daneben nölt und nuschelt er hier und da Bedeutungslosigkeiten in den Äther. Eine Message braucht er nicht. Die Musik spricht Bände. Sie schweißt das Publikum zusammen. In Begeisterung, in Ausgelassenheit, in Hochachtung. Die meisten Besucher sind (weit) jenseits der 30, gehüllt in Karohemd oder Lederjacke. So kennt und schätzt man es auf diesen Konzerten.

Als Vorband gaben THE EGYPTIAN GAY LOVERS den Anheizer. Der Dresdner Turbodiesel trug seine Verwurzelung im Schaffen von MOTÖRHEAD deutlich zur Schau – und coverte von BANGLES bis ANGRY SAMOANS annähernd jeden Song, dessen Titel irgend etwas mit Ägypten zu tun hat. Sänger Cleaner, mit fliehender Stirn, biergeformter Plauze und IRON-MAIDEN-Shirt, rollte wie eine gut geölte Maschine über den Zuspruch der eigenen Fangemeinschaft und die Sympathie der Unkundigen. Das machte Spaß, auch weil es die Mannen mit den ´Born to be Wild´-Spruchsalven nicht ganz so ernst hielten.

Die SUPERSUCKERS – so großartig ihre Platten auch sein mögen – kann man auf Konserve durchaus vernachlässigen. Was zählt ist die Anwesenheit bei ihren Konzerten. Denn dort erfährt die Hitfabrik ihre denkwürdige Auslastung. Im Akkord rauschen Klassiker wie „She’s my Bitch“, „Rock ´n Roll Records (Ain’t Selling This Year)”, „Pretty Fucked Up“ oder „The Evil Powers of Rock ´n Roll“ aus den Boxen. Der Pulk steigt voll ein, reckt Fäuste in die Höhe, grölt Textfetzen mit. Das Gesamtszenario hat nicht nur großen Unterhaltungswert, sondern verfügt auch über Stil. Das liegt am traditionsbewussten Umgang der SUPERSUCKERS mit den Mythen ihres Genres. Der schließt Punk ebenso in sein Herz wie Country. Und weil im Kato auch diesmal der Sound wieder mitspielte, ward es ein großartiger Abend.

Bei den Zugaben, in deren Vorfeld Musiker wie diese aus Gründen der Ehrlichkeit nicht mal die Bühne verlassen, wurde dann doch erkennbar, dass die enervierende Vorstellung auch an Meister Spaghetti nicht spurlos vorüber geht. Aber was soll’s? Im Anschluss wird eben einfach ein Handtuch um die Schultern geworfen und zum Plausch am Verkaufsstand geladen. Ohne Gang in den Backstagebereich geht die Show also gleich weiter. Mit der Veräußerung von Bandwaren hat er in der Folge nichts zu tun. Er schwatzt, philosophiert, verweist. Man bietet ihm Geld für die Signierung eines T-Shirts. Der Blick wird stutzig. Er schwingt den Filzstift und widmet sich anderen Gesprächspartnern. Weniger Attitüdenbelastung ist kaum möglich. Mit einem Wort: awesome.

scroll to top