01.03.2011 – Defeater / Carpathian – Berlin Cassiopeia

defeatercarpathian2011Für Hardcore-Konzerte in Berlin ist das Cassiopeia eine der wichtigsten Anlaufstellen. Selbst wenn die Betreiber Eingangs-, Backstage- und Thekenbereich nach dem Mondkalender zu variieren scheinen, die Atmosphäre im oft knallgefüllten Club ist trotz nicht selten mauer Akustik ungemein intensiv. Das Gastspiel von DEFEATER und CARPATHIAN war da keine Ausnahme. Vor allem nicht, weil das Publikum im ausverkauften Konzertraum wirklich alles gab.

Den Anfang allerdings machten zwei heimische Bands: REASON TO CARE aus Brandenburg spielten Hardcore mit krawall-rockiger Kante, der solide anheizte, ohne wirklich Akzente setzen zu können. Der Schreigesang erinnerte bisweilen an SNAPCASE-Shouter Daryl Taberski, verlief sich aber im Laufe des Sets in dezenter Eintönigkeit. Auch die Übergänge zwischen langsameren und treibenden Passagen wollten nicht reibungsfrei gelingen. Schlecht jedoch war der eröffnende Auftritt keineswegs. Vielleicht war das Hauptprogramm einfach zu stark besetzt.

Eine Schippe vertrackter, atmosphärischer und überzeugender gaben sich die an LLYNCH erinnernden FROM THIS DAY ON. Die Berliner sorgten für erste Ausrufezeichen und ernteten durch stimmungsvolle Tempowechsel und melodische Vielfalt mehr als nur Freundlichkeitsapplaus. Bereits im Anschluss kochte die Stimmung erstmals über, als CARPATHIAN mit Wucht und Spiellaune über die kleine Bühne pflügten. Die Australier schöpften die Hits ihres (noch) aktuellen Albums Isolation (u.a. „Insomnia“, „Cursed“) beeindruckend aus und bewiesen neuerlich, warum ihre Spielart des modernen Hardcore derzeit zum Besten gehört, was die Szene zu bieten hat!

Vor der Bühne wurden einige Arme in die Höhe gerissen und Schreihals Martin Kirby am Mikro heuer unterstützt. Die Stimmung im Raum war prima, sollte sich bei DEFEATER aber in intensiven Schreichören aus dem Publikum zur denkwürdigen Fusion von Band und Publikum sublimieren. Daran änderten auch die viel diskutierten Ansagen von Frontmann Derek Archambault wenig. Die Band aus Boston erzählt auf ihren Werken vom Schicksal einer amerikanischen Familie nach dem Zweiten Weltkrieg. Entsprechend häufig verweist Archambault auf die Sinnlosigkeit des Sterbens.

Das ist schön und gut, aber gebetsmühlenartig abzusondern, dass jeder Tote auf den Schlachtfeldern dieser Erde ein vergeudetes Leben darstellt, wirkt doch reichlich abgeschmackt. Dann soll er als Sänger einer viel beachteten Indie-Combo doch lieber die Zustände anprangern, die Soldaten überhaupt erst in die Situation bringen, in fremden Ländern dem Tod ins Auge sehen zu müssen. Wie dem auch sei, von streitbaren Zwischenansprachen abgesehen lieferten DEFEATER eine furiose Show ab und stellten ihr brandneues Album „Empty Days and Sleepless Nights“ (u.a. „Dear Father“) ebenso ausgiebig vor, wie die vorangegangenen Veröffentlichungen (u.a. durch „Blessed Burden“). Das diskursive Potential der Ansagen ließ sich im Taumel der Begeisterung also leichter Hand aussperren.

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